Ni Putes Ni Soumises : Postface inédite de l´auteure

Amara, Fadela, 2004
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Exemplare gesamt 1
Exemplare verliehen 0
Medienart Buch
Verfasser Amara, Fadela Wikipedia
Verfasser Zappi, Sylvia Wikipedia
Systematik F.E - Französisch - Landeskunde/Geschichte
Schlagworte Frauen, Frankreich, Soziale Situation, Einwanderer
Verlag La Découverte/Poche
Ort Paris
Jahr 2004
Altersbeschränkung keine
Sprache französisch
Annotation Weder Huren noch Unterworfene
Gegen das Gesetz des Schweigens Vor gut zwei Jahren gründete Fadela Amara, Tochter einer algerischen Einwandererfamilie, in Paris die Organisation "Ni putes ni soumises" - "Weder Huren noch Unterworfene". So lautet auch der Titel ihres Buches. Schnörkellos und schonungslos offen erzählt die Autorin darin die Geschichte ihres Engagements gegen die wachsende Gewalt und soziale Desintegration in den Vorstädten von Paris.

Tödlicher Ernst

Wer Amaras Buch liest, begreift schnell die tödliche Ernsthaftigkeit der Situation. Es passierte am 4. Oktober 2002 in Vitry-sur-Seine, einer Trabantenstadt von Paris: Die 18-jährige Sohane Benziane, Tochter kabylischer Einwanderer, wurde bei lebendigem Leib verbrannt. Täter waren zwei gleichaltrige Männer maghrebinischer Herkunft. Die grausame Tat wird zum Katalysator für Fadela Amara.

Wenige Tage nach der Ermordung der jungen Sohane nahm Fadela Amara mit 2000 anderen Menschen – Frauen wie Männern – an einem Schweigemarsch teil. Danach organisierte sie Versammlungen, bei denen erstmals Mädchen und Frauen öffentlich über die Gewalt im Viertel sprachen. Im Februar 2003 initiierte Amara einen "Marsch der Frauen aus den Vorstädten". Er führte durch insgesamt 23 Städte und machte die ganze Republik aufmerksam auf die besondere Unterdrückung der "filles des cités", der "Mädchen der Siedlungen". Mittlerweile hat ihre Organisation mehr als 2000 Mitglieder, Frauen und Männer, in 60 lokalen Komitees.

Rückschlag in den 90ern

Fadela Amara, eine zierliche Frau mit schmalem Gesicht und dünnem Haarzopf, wuchs selbst in einer Vorortsiedlung auf, in Clermont-Ferrand, einer Arbeiterstadt im Süden. Gleiche Rechte hatten Einwanderertöchter wie sie selbst auch in den 1980er Jahren nicht, aber das gemeinsame Engagement in der Anti-Rassismus-Bewegung näherte die Geschlechter einander an. Die Zahl der Zwangsehen nahm ab und die der muslimischen Studentinnen zu. Seit der Wirtschaftskrise in den 90er Jahren drehen sich die Uhren jedoch wieder rückwärts.

In ihrem Buch beschreibt Fadela Amara eindrücklich, welcher moralische Druck auf den Mädchen lastet. Und wie viel Mut sie aufbringen müssen, um den selbst ernannten Tugendwächtern die Stirn zu bieten - indem sie sich schminken etwa oder einen engen Rock tragen. Häufige Strafe für solchen Ungehorsam sind so genannte "tournantes" - Gruppenvergewaltigungen.

Aus Angst kleiden sich viele Mädchen daher bewusst unattraktiv oder greifen sogar zum Schleier. "Die Geschichte des Schleiers zeigt es immer wieder: Er ist ein sichtbares Zeichen der Unterwerfung von Frauen unter die Dominanz der Männer", findet Amara.

Buben sind Könige

Mit ihren Aktionen hat Fadela Amara auch die Unterstützung der Politik gewonnen. In verschiedenen Städten sind Notrufe und Schutzwohnungen eingerichtet worden für Mädchen und Frauen, die vor ihrer Familie und aus ihrem Viertel fliehen mussten. Fadela Amara sieht jedoch nicht nur den Staat in der Verantwortung, in ihrem Buch übt sie scharfe Kritik an den traditionellen Erziehungsmethoden vieler Einwanderer:

"Alle Buben maghrebinischer Herkunft werden in ihren Familien wie Könige behandelt", erzählt Amara. "Wenn die jungen Männer dann in die Gesellschaft hinausgehen, und ihnen zum ersten Mal Gegenwind ins Gesicht bläst, sind sie hilflos. Etwa wenn sie nach der Schule keine Ausbildungsstelle bekommen, reagieren sie völlig destruktiv und kompensieren ihre Wut und ihre Minderwertigkeitsgefühle durch Gewalt gegen Schwächere, insbesondere die Mädchen aus dem Viertel." "Guide du Respect"
Sexuelle Aufklärung findet für die Burschen in den Vorstädten beinahe nur über Pornovideos statt. Fadela Amara fordert deshalb Aufklärungsunterricht in den Schulen. Darin sollen die Buben Werte lernen, die sie zu einem achtsamen Umgang mit dem anderen Geschlecht befähigen. Zu diesem Zweck hat Amara einen "Guide du Respect" drucken lassen, einen Leitfaden zum Thema Respekt im Hosentaschenformat. Mit ihm gehen ihre Mitarbeiter in Schulen. Dort diskutieren sie mit Mädchen und Buben über deren Vorstellungen von Ehre, Jungfräulichkeit, Zwangsverheiratung, Beschneidung, Zärtlichkeit und Liebe.

"Das ist der Unterschied zwischen denjenigen, die einem Kulturrelativismus das Wort reden und uns. Wir glauben an die Universalität der Menschenrechte: Freiheit und Gleichheit müssen auch für alle Frauen gelten."

Text: Rebecca Hillauer

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